21.10.2025

NPRG Interview

Sileia Urech, Leiterin der Roche-Medienstelle
Sileia Urech, Leiterin der Roche-Medienstelle 

„KI verändert unsere Kommunikationsarbeit grundlegend“ 

NPRG Co-Präsident Satoshi Sugimoto im Gespräch mit Sileia Urech, Leiterin der Roche-Medienstelle

„KI verändert unsere Kommunikationsarbeit grundlegend“ – Gespräch mit Sileia Urech, Leiterin der Roche-Medienstelle

Sileia Urech leitet die globale Medienstelle bei Roche, einem der weltweit führenden Gesundheitsunternehmen - und Kollektivmitglied der NPRG. Im Interview spricht Sie über Chancen und Risiken von KI, wie sich deren Einsatz über die letzten Jahre in der Medienarbeit bei Roche etabliert hat und welche Kompetenzen in der Kommunikationsarbeit der Zukunft entscheidend sein werden.

Sileia, Du leitest die globale Medienstelle bei Roche. Wann und wie habt Ihr begonnen, künstliche Intelligenz in Eurer Arbeit einzusetzen?
Der Einsatz von KI hat sich über die letzten Jahre schrittweise entwickelt. Während wir anfangs vor allem beobachtet haben, setzen wir KI-Tools heute gezielt ein, um unsere Fähigkeiten zu erweitern und unsere Effizienz kontinuierlich zu steigern.

Wie hilft Euch KI bei der Arbeit?
Der Nachrichtenzyklus hat sich in den letzten Jahren massiv beschleunigt. Heute wird in vielen Fällen eine Reaktion fast in Echtzeit erwartet - nicht nur von Medienschaffenden, sondern auch von der Öffentlichkeit. KI hilft uns, diesem Tempo gerecht zu werden, ohne dabei Abstriche bei Genauigkeit oder Qualität zu machen. Das ist ein entscheidender Vorteil.

Wie setzt Ihr KI konkret ein?
Wir nutzen KI in drei zentralen Bereichen:

Erstens: Medienbeobachtung und Sentiment-Analyse. Unsere KI-gestützten Tools ermöglichen es uns, Erwähnungen von Roche in der globalen Medienlandschaft in Echtzeit zu verfolgen - und gleichzeitig Tonfall, Kontext und Diskussionsverlauf präzise zu erfassen und zu analysieren. Das hilft uns, fundierte Narrative zu entwickeln.

Zweitens: Content-Erstellung und Personalisierung.Wir nutzen KI als Hilfsmittel.      . Wichtig ist: Es geht nicht darum, menschliche Kreativität zu ersetzen, sondern sie zu erweitern. KI hilft uns, Botschaften gezielt auf bestimmte Zielgruppen und Plattformen zuzuschneiden und damit mehr Resonanz zu erzeugen.

Drittens: Zielgruppenanalyse und Trenderkennung. Mithilfe von KI analysieren wir grosse Datenmengen, identifizieren relevante Stimmen im Gesundheitswesen und können so gezielter mit ihnen in Kontakt treten.

Welche Tools nutzt Ihr dafür konkret?
Nebst Eigenentwicklungen setzen wir auch kommerzielle Tools ein, etwa von Sprinklr oder Google Gemini. Diese sind intern so konfiguriert, dass sie verantwortungsvoll genutzt werden können. Das ist uns sehr wichtig.

Welche Vorteile seht Ihr für die tägliche Arbeit Eurer Teams?
Unsere Teams werden deutlich von Routineaufgaben entlastet. Dadurch bleibt mehr Raum für strategische Initiativen, den Beziehungsaufbau mit Medienschaffenden oder kreatives Storytelling. Allein die Fähigkeit, grosse Datenmengen schnell analysieren zu können, führt zu wirkungsvolleren Kommunikationsstrategien.

Gib es auch Risiken?
Ein reflektierter und verantwortungsvoller Umgang mit KI ist entscheidend. Deshalb investieren wir viel in Aus- und Weiterbildung. Bei Roche sind KI-Schulungen inklusive Trainings und praktischer Übungen verpflichtend. So stellen wir sicher, dass alle Mitarbeitenden die Richtlinien kennen und verantwortungsvoll mit den Tools umgehen.

Es gab den Fall mit einem von einer KI erfundenen Zitat und einem angeblichen Mitarbeitenden. Was genau ist da passiert?
Ein Journalist einer ausländischen Fachzeitschrift hat offenbar ein KI-Tool genutzt, um ein Zitat für seinen Artikel zu erstellen. Die Aussage klang plausibel, war aber frei erfunden und wurde einem angeblichen Roche-Mitarbeiter zugeschrieben. Unser Medienteam hat den Artikel kurz nach Veröffentlichung entdeckt. Intern war schnell klar: Das kann nicht stimmen, denn diese Person existierte nicht. Wir haben umgehend Kontakt zur Redaktion aufgenommen, die den Artikel daraufhin entfernt hat.

Was sagt dieser Vorfall über den heutigen Medienalltag aus?
Ich will nichts pauschalisieren. Aber der 24/7-Nachrichtendruck und die wachsende Abhängigkeit von digitalen Tools können dazu führen, dass grundlegende journalistische Standards wie die Quellenprüfung zu kurz kommen. Viele Redaktionen arbeiten sehr sorgfältig. Aber es gibt auch Medien, bei denen das leider weniger der Fall ist.

Wie habt Ihr intern auf solche Risiken reagiert?
Wir haben unsere Monitoring-Systeme weiterentwickelt, sodass wir Anomalien und potenziell KI-generierte Inhalte schneller erkennen - etwa durch den Abgleich von Fakten oder durch das Erkennen ungewöhnlicher Sprachmuster. Wir betreiben einen proaktiven Faktencheck und stellen Medien aktiv geprüfte Informationen zur Verfügung.

Was braucht es Deiner Meinung nach, damit KI verantwortungsvoll eingesetzt wird?
Es braucht klare Standards und Transparenz. Medienhäuser sollten offenlegen, wenn sie KI zur Inhaltserstellung einsetzen. Nur so kann Vertrauen erhalten bleiben. Es muss nachvollziehbar sein, woher Informationen stammen und ob sie geprüft wurden.

Welche Empfehlungen hast Du für Kolleginnen und Kollegen in der PR-Branche – speziell jenen in anderen Kommunikationsabteilungen?
Erstens: Baut Wissen auf. Versteht, wie KI funktioniert, welche Chancen sie bietet, aber auch, wo die Risiken liegen. Zweitens: Etabliert eine Governance, also klare interne Regeln für den ethischen und verantwortungsvollen Einsatz von KI. Dazu gehört auch der Datenschutz. Und drittens: Investiert in die richtigen Tools - solche, die sich nahtlos in Eure Arbeitsabläufe integrieren lassen und Eure Ziele unterstützen. Wichtig ist zudem, eine Kultur des kritischen Denkens zu fördern. Teams sollten immer wachsam bleiben und die Authentizität von Informationen hinterfragen - egal, aus welcher Quelle sie stammen. Der menschliche Faktor bleibt zentral.

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